Heimat- und Ortsverein
Bad Köstritz e.V.
Archiv - Rudolf Zersch
Rudolf Zersch in Bad Köstritz
†
Bilder:
Zum Gedenken an Rudolf Zersch wurde eine Straße im Neubaugebiet „Am Rosenhügel“ nach ihm benannt.
Weitere Informationen:
Die Familie Zersch:
†
Standort Villa Zersch
Ernst Rudolf Berhard Zersch, Sohn einer Brauerfamilie, ausgebildeter Landwirt, Offizier im Krieg 1870/71, Inspektor von vielen Gütern, Ökonomierat
* 13. Dezember 1845 in Neuhaldersleben bei Magdeburg
02. Februar 1907 in Meran / Südtirol
Rudolf
Zersch
wurde
als
Sohn
des
Guts-
und
Brauereibesitzers
Theodor
Zersch
in
Neuhaldersleben
als
Sproß
einer
alten
Brauerfamilie
geboren.
In
der
Landwirtschaft
ausgebildet
und
als
erfahrener
Inspektor
einer
Reihe
von
Gütern,
hatte
er
als
Offizier
am
Deutsch-Französischen
Krieg
1870/71
teilgenommen
und
nach
der
Heimkehr
die
Domänen
in
Köstritz,
Dürrenberg
und
Hartmannsdorf gepachtet. Nun kam die Brauerei dazu.
Zersch
hatte
einen
schweren
Start
in
Köstritz.
Nicht
nur
war
1872
bei
einem
Brand
erheblicher
Sachschaden
eingetreten,
auch
die
Einrichtung
der
Brauerei
ließ
in
ihrem
Zustand
zu
wünschen
übrig, vor allem aber war die Bierbereitung über den ganzen Ort verstreut.
Unter
diesen
Umständen
erwies
es
sich
als
Glücksfall,
dass
seit
1874
Braumeister
Carl
Holomoucky
aus
Hostiz
in
Böhmen
tätig
war.
Vertraglich
hatte
die
Herrschaft
Reuß-Köstritz
bestimmt,
„dass sich Herr Zersch zum Betriebe seiner Brauerei und Mälzerei eines Braumeisters zu bedienen hat“.
Rudolf
Zersch
richtete
nun
sein
Augenmerk
darauf,
den
Betrieb
zu
modernisieren
und
zu
erweitern,
die
Kundschaft
mit
neuen
Biersorten
zu
gewinnen
und
diese
mit
Methoden,
die
auch
eines
modernen Marketings würdig wären, bekanntzumachen und zu vertreiben.
Als
Gründer
des
Landwirtschaftlichen
Vereins
Köstritz,
Mitglied
des
Deutschen
Landwirtschaftsrates
zu
Berlin
und
in
Verehrung
für
die
Politik
des
Reichskanzlers
Otto
von
Bismarck
sandte
Rudolf
Zersch
spätestens
seit
1883
alljährlich
am
1.
April
ein
Fass
„Blume
des
Elsterthales“
zum
Geburtstag
des
Eisernen
Kanzlers.
Dieser
bedankte
sich
am
14.
April
1883:
„….kann
ich
nicht
umhin,
der
ausgezeichneten
Qualität
der
‚Blume
des
Elsterthales‘
meine
ausdrückliche
Anerkennung
zu
zollen
und
meine
Genugtuhung
darüber
auszusprechen,
daß
wir
auch
außerhalb
Bayerns
ein so gutes Bier herstellen können.“
Zur
Sicherung
der
weiteren
Entwicklung
wurde
mit
einem
sehr
umfangreichen
Pachtvertrag
vom
21.
Dezember
1902
zwischen
Seiner
Durchlaucht
Herrn
Heinrich
XXIV.
Jüngerer
Linie
Fürsten
Reuß-Köstritz
und
Herrn
Oekonomierat
(mit
diesem
Titel
seit
1887
ausgezeichnet)
Rudolf
Zersch
in
Köstritz
die
Pacht
bis
zum
Jahre
1938
verlängert
und
der
Neubau
der
Braustätte
mit
einer
Kapazität von 30.000 hl und möglicher Erweiterung vereinbart.
Rudolf
Zersch
konnte
noch
alle
Bauarbeiten
vorbereiten
und
am
30.
April
1906
den
Grundstein
legen.
Den
ersten
Sud
am
06.
Februar
1908
hat
er
jedoch
nicht
mehr
erlebt;
am
2.
Februar
1907
ist er im 62. Lebensjahr in Meran während eines Kuraufenthaltes verstorben.
Im
„Elsterthal-Boten“
wird
er
charakterisiert
als
„unser
bester
Bürger,
der
größte
Industrielle
und
der
bedeutendste
Landwirt
unseres
Ortes,
der
zuverlässigste
Hort
und
Wohltäter
zahlreicher
Armen
und
Schwachen,
der
aufrichtigste
Freund
seiner
näheren
Bekannten,
der
treueste
Berater
und
Fürsorger
seiner
Familie“.
Es
ist
hier
nicht
der
Raum
zu
würdigen,
was
Rudolf
Zersch
in
den
35
Jahren
seines
Wirkens
in
Köstritz
auf
allen
Gebieten
bewirkt
hat,
als
Brauer
und
Landwirt,
als
Remonten-Züchter
wie
als
Betreiber
einer
Baumschule
und
als
Rosengärtner,
als
gemeinsinniger
Bürger und echter Menschenfreund.
Aus
der
Ehe
Rudolf
Zerschs
mit
Margarethe
Boockmann
waren
acht
Kinder
hervorgegangen,
von
denen
drei
das
Kindesalter
nicht
überlebten.
Alle
drei
Söhne
traten
als
Mitinhaber
in das väterliche Unternehmen ein, Kurt noch zu Lebzeiten des Vaters 1904, Rudolf 1907 und Dr. jur. Wilhelm 1920.
Alle
drei
Brüder
nahmen
auch
als
Offiziere
am
Ersten
Weltkrieg
teil,
alle
sind
sie
im
besten
Mannesalter
gestorben:Kurt
(1876
–
1928
im
Alter
von
52
Jahren),
Rudolf
(1881
–
1939
im 58. Lebensjahr) und Wilhelm (1888 – 1944 56 Jahre alt).
Rudolfs
Ehe
blieb
kinderlos.
In
der
Ehe
Dr.
Willy
Zerschs
wurde
eine
Tochter
geboren.
Der
Ehe
Kurt
Zerschs
mit
Helene
Steffens
entstammten
eine
Tochter
und
ein
Sohn
–
Diplom-Braumeister
Rudolf
Kurt
Zersch,
der
1935
in
die
Brauerei
eintrat,
in
der
Ehe
mit
Trudel
Luer
fünf
Kinder
hatte
und
am
25.
Juni
1946
in
sowjetischer
Kriegsgefangenschaft
in
den
Wäldern
von
Wologda
verstarb,
nachdem
er
bereits
im
Sommer
1945
aus
dem
Wehrdienst
entlassen
worden
war.Diesen
Generationen
war
es
auferlegt,
das
väterliche
Erbe
durch
zwei
Weltkriege,
durch
Inflation
und
Weltwirtschaftskrise zu führen.
Als
Nachtrag
zum
Pachtvertrag
des
Jahres
1902
vereinbarte
Prinz
Heinrich
XXXIX.
mit
den
Erben
des
Oekonomierathes
Rudolf
Zersch,
nämlich
seiner
Witwe
und
den
drei
Söhnen
Kurt,
Rudolf
und
Dr.
jur.
Willy
eine
Verlängerung
der
Pachtdauer
bis
1958,
wobei
die
Erfahrungen
aus
der
Inflation
und
den
Investitionen
berücksichtigt
wurden.
Als
die
Brüder
Zersch
1935
das
60-jährige
Pachtjubiläum
(seit
1875)
begingen,
wurde
eine
Reihe
von
Unterstützungsmaßnahmen
beschlossen
und
der
Grundstein
zu
einer
Rudolf-Zersch-Siedlung
gelegt,
in
die
im
Mai
1936
zwölf
Arbeiterfamilien einziehen konnten.
Eine
Zeitlang
war
die
Brauerei
an
der
Verlagsdruckerei
„Elsterthal-Bote“
beteiligt.
Jahrzehntelang
waren
der
Brauerei
auch
Gärtnerei
und
Landwirtschaft
angeschlossen.
Rudolf
Zersch
erwarb
und
bewirtschaftete
1926
das
Rittergut
Hartmannsdorf,
1927
das
Rittergut
Krossen
und
1937
auch
das
Schloss
Krossen
mit
dem
zugehörigen
Park.
In
Hartmannsdorf
ließ
er
u.a.
eine
Molkerei
und Geflügelfarm, Viehweiden und Kirschplantagen anlegen und einen Glockenturm errichten.
Dr.
Willy
Zersch,
seit
1935
Ratsherr
der
Stadt
Bad
Köstritz,
war
den
Musen
zugewandt,
gewann
den
Architekten
Paul
Schultze-Naumburg
(1869
–
1949)
für
verschiedene
Bauten,
förderte
den
Maler
Otto
Dix
und
wirkte
zusammen
mit
seinem
Bruder
Rudolf
im
Bürgerverein
und
in
der
Heinrich-Schütz-Gesellschaft.
Ihnen
sind
die
Gedenktafel
am
„Kranich“
1932
und
das
Denkmal
am
Kirchberg 1935 zu verdanken.
Die
Gebrüder
Zersch
erwarben
im
Laufe
der
Jahre
über
100
ha
Grundbesitz
und
Immobilien
in
Bad
Köstritz
und
Umgebung
(Junkerhof,
Rittergut
Hartmannsdorf,
Schloss
Crossen,
Goldener
Kranich,
Kurhaus,
Goldener
Löwe,
über
20
Gaststätten
in
Gera
u.v.a.).
Sie
und
ihre
Familien
wurden
nach
der
bedingungslosen
Kapitulation
Deutschlands
im
Mai
1945
auf
der
Grundlage
des
Gesetzes
über
die
Bodenreform
sowie
den
Befehlen
124
und
126
der
Sowjetischen
Militäradministration
entschädigungslos
enteignet
und
die
Brauerei
anschließend
vorübergehend
treuhänderisch verwaltet.
Mit dem Jahr 1945 endete schließlich das Wirken der Familie Zersch nach 73 Jahren in unserem Heimatort. Neuer Lebensmittelpunkt der Familie wurde Krefeld. Heute leben Nachfahren in ganz
Deutschland und Kanada verteilt.