Heimat- und Ortsverein
Bad Köstritz e.V.
Archiv - Bronte
Zur Geschichte der „Bronte“
Die
„Bronte“*
war
ein
alkoholfreies
Erfrischungsgetränk
aus
Paraguay-Tee
(Mate-Tee),
dass
nach
einem
Rezept
von
Apotheker
Hugo
Obst
(1859-1913)
in
Köstritz
hergestellt
wurde.
*„Bronte“ ist eine Stadt auf Sizilien, die von einer fruchtbaren Weinanbaugegend umgeben ist.
Hier nun die wesentlichen historischen Daten dazu:
Getränke
aus
Mate-Tee
gab
es
bereits
um
1906.
Eine
Berliner
Firma
produzierte
bis
etwa
1913
unter
dem
Namen
„Yermeth“
ein
Erfrischungsgetränk,
dass
als
Vorläufer
der
heutigen
Club-Mate-Brausen
zu
betrachten
ist.
In
einem
lexikalischen
Werk
von
1906
wurde
das
Getränk
„Yermeth“
als
sehr
„belebend“
beschrieben
und
der
Apotheker
Hugo
Obst
aus
Bayreuth
wird
als
Produzent
genannt.
Bereits
1903
hatte
Obst
in
der
„Pharmaceutischen
Centralhalle“
sein
neues
Getränk
„Yermeth“
vorgestellt,
dass
als
Ausgangsprodukt
den
Mate-Tee
benutzt.
Es
wird
vermutet,
dass
Obst
die
Namensrechte
von
„Yermeth“
an
die
Berliner
Firma
verkauft hat.
Der
Apotheker
Hugo
Obst
hat
1905
seine
„Mohren-Apotheke“
in
Bayreuth
verkauft
und
ist
1907
in
Sachsen
mit
seinen
Unternehmungen
in
Konkurs
geraten.
Im
Jahre
1908
tritt
der
Apotheker
Obst
in
Köstritz
mit
einem
Vertrag
auf
und
gestattet
dem
Gutsbesitzer
Rudolf
Zersch,
den
Namen
„Bronte“
für
ein
Matte-Getränk
zu
verwenden.
Zersch
war
Mitinhaber
der
Fürstlichen
Brauerei
Köstritz
(heute:
Köstritzer
Schwarzbierbrauerei).
Die
Gutsbesitzer
Rudolf
und
Kurt
Zersch
stellten
einen
frei
gewordenen Gebäudekomplex für die Produktion der „Bronte“ bereit.
Da
die
Produktion
und
der
Vertrieb
der
Bronte
sehr
erfolgreich
verlief,
wurde
dafür
eine
eigene
Firma
gegründet.
Der
Apotheker
Hugo
Obst
aus
Köstritz
und
der
Oberförster
Otto
Schade
aus
Tautenhain
gründeten
am
29.
April
1911
im
Gasthaus
Plöthner
in
Reichardtsdorf
die
„Deutsche
Matte
–
Industrie
Köstritz
G.
m.
b.
H.“.
Obst
brachte
20
000
Mark
als
Stammkapital
ein,
Schade
80.000 Mark.
Als
Vorstand
der
Gesellschaft
wirkten
fortan
der
Apotheker
Obst,
Gutsbesitzer
Kurt
Zersch
und
Gutsbesitzer
Rudolf
Zersch
aus
Köstritz. Als Geschäftsführer bestellte man den Kaufmann Friedrich Schneider, der später von Franz Müller abgelöst wurde.
Als Ziel und Aufgabe stellte sich die Gesellschaft:
„Industrielle
Verwertung
der
Matte
und
aus
diesen
gewonnene
chemische
Präparate
sowie
der
Vertrieb
anderweitiger
pharmazeutischer Produkte, sowie die Errichtung von Teilfabrikaten zum Vertrieb der genannten Gegenstände."
Nach
Rezepten
von
Hugo
Obst
sollten
u.a.
alkoholfreie
Getränke
aus
Paraguay-Tee
hergestellt
und
unter
dem
Namen
„Bronte“,
eine rechtlich geschützte Wortwahl von Obst, verkauft werden.
Für
die
Produktionsstätte
all
dieser
Produkte
stellte
die
Familie
Zersch
Grundstück
und
Gebäude
des
ehemals
zur
Fürstlichen
Brauerei
gehörenden
Gebäudekomplexes
des
Bierlager-
und
Eiskellers
sowie
der
Böttcherei
und
Picherei
im
oberen
Dorf
in
der
Eleonorenstraße
zur
Verfügung.
Die
Einrichtungen
und
Gebäude
wurden
frei,
nachdem
man
zwischen
1906
und
1908
in
roter
Backsteinbauweise
eine
neue
Fürstliche
Brauerei
erbaute,
in
welcher
obige
Lager-
und
Böttcherarbeiten
zentral
mit
untergebracht
waren.
Als
Haupterzeugnis
der
Firma
ist
die
Herstellung
von
„Bronte“
in
Flaschen
und
deren
Vertrieb
sowie
der
Verkauf
von
Mate-Tee
und entsprechender Essenzen zur Herstellung der „Bronte“ an Filialbetriebe, die man 1911 gründete, zu sehen.
Aus dem Anfangsjahr ist eine solche Filiale der „Deutschen Matte-Industrie“ in Leipzig, Gera und Stuttgart bekannt.
Die
Filialen
mussten
einen
bestimmten
von
Köstritz
zugewiesenen
Vertriebsdistrikt
einhalten
und
sich
verpflichten
das
„Doppel-
Fluid“
für
8
M/kg
und
davon
mindestens
1
500
kg/Jahr
abzunehmen.
Köstritz
wählte
damals
die
Bezeichnung
des
alkoholfreien
Getränks
mit
„Sekt-Bronte“
und
legte
den
Verkaufspreis
an
Privatpersonen
für
die
25
ctl.
Flasche
mit
12
Pfennig
und
die
50
ctl.
Flasche mit 16 Pfennig fest.
Der
Geraer
Ernst
Grimm
gab
z.B.
aus
seiner
Filialproduktionsstätte
in
der
Taubestraße
3,
die
er
auf
eigene
Kosten
einrichten
und
betreiben
musste,
Sekt-Bronte
an
seinen
Vertriebsdistrikt
Gera
(5
km
Umkreis),
Greiz,
Berga,
Ronneburg,
Weida
und
nähere
Umgebung ab 1. Mai 1911 ab. Die Preise für 25 ctl. waren:
8 Pfg. an Wirte
9 Pfg. an Läden
12 Pfg. an Privatpersonen
15 Pfg. an Lokale
Das
äußere
Erscheinungsbild
der
etikettierten
Flaschen
hatte
ein
gelb
/
schwarzes
Aussehen
und
wurde
von
Köstritz
aus
verbindlich vorgegeben.
Nachdem
im
Dezember
1913
Hugo
Obst
verstarb
trat
an
seiner
Stelle
Dr.
W.
Zersch
in
den
Vorstand.
Der
Beginn
des
1.
Weltkrieges
und
des
damit
verbundenen
Ausbleibens
der
Matte
aus
Südamerika
brachte
die
Produktion
ins
Stocken
und
führte
schließlich
1915
zum
Bankrott
der
Firma.
Das
Insolvenzverfahren
zog
sich
bis
1922
hin,
erst
dann
konnten
die
Gläubiger
zufriedengestellt werden.
Wie erfolgte die Mate-Produktion und deren Vertrieb:
Nach
Köstritz
wurde
Mate-Tee
in
großen
Mengen
vorwiegend
aus
Brasilien
importiert.
Er
ist
dann
sowohl
an
Ort
und
Stelle
zu
Teesud
in
verschiedenen
Glasapparaturen
verarbeitet
oder
als
abgepackte
Tee-Ware
verschiedenen
Kunden
zugesandt
worden.
Sie
verkauften
ihn
als
grünen
bzw.
gerösteten
Mate-Tee
oder
er
wurde
in
den
Filialen
zu
Bronte
weiterverarbeitet.
Das
Kochen
der
brasilianischen Teeblätter ergab einen goldgelben Sud, der auch später die Farbe der Bronte bestimmte.
Durch
Zusätze
von
konzentrierten
Essenzen
zum
Tee,
die
labormäßig
nach
Rezepten
von
Obst
in
Köstritz
hergestellt
wurden,
entstand
aus
dem
abgekühlten
Tee-Sud
unter
Zusatz
von
Kohlensäure
ein
sektartig
perlendes
aber
alkoholfreies
Getränk,
die
Sekt-Bronte. Sie wurde an heißen Sommertagen zu einem beliebten und begehrten Erfrischungsgetränk.
Weiter mit der Geschichte:
Vier
Jahre
nach
dem
Konkursabschluss
des
1911
gegründeten
Unternehmens,
erfolgte
im
März
1926
eine
erneute
Wiedergründung unter der Firmenbezeichnung
„Mate-Industrie G. m. b. H., Köstritz i. Thür.“
Gesellschafter
waren
die
Familienmitglieder
Rudolf,
Kurt
und
Dr.
jur.
Wilhelm
Zersch.
Zu
Geschäftsführern
wurden
alle
drei
Gesellschafter,
Apotheker
Ernst
Benzmann,
Dr.
Gottfried
Hobus
und
Dr.
Erhardt
Teschner
berufen.
Die
Produktion
wurde
wieder
an gleicher Stelle aufgenommen.
Als Zielstellung der Neugründung wird angegeben:
„
Herstellung und Vertrieb alkoholfreier und alkoholarmer Getränke jeder Art und der hierzu erforderlichen Rohstoffe,
sowie alkoholhaltiger Essenzen, Liköre oder anderer Rohstoffe, insbesondere der Verwendung des Parana- Mate."
Die
Markenbezeichnung
„Sekt-Bronte“
musste
aus
juristischen
Gründen
ab
Anfang
der
30iger
Jahre
im
„Bronte“
abgewandelt
werden. Dieser Schriftzug ist damals in die dunkel-grünen Glasflaschen bei deren Herstellung mit eingepresst worden.
Nachdem
die
Stadt
Bad
Köstritz
sich
bereits
Ende
der
20iger
Jahre
das
Image
gab,
„Bad
Köstritz
-
die
Stadt
der
„3
B“
(sie
standen
für
Bier,
Blumen
und
Bad.),
erweiterten
es
viele
Bürger
wenige
Jahre
später
um
ein
4.
„B“,
welches
seiner
gestiegenen
Bedeutung
und Bekanntheit für „Bronte“ stehen sollte.
Als
Prokuristen
wirkten
ab
12.
Juni
1933
Dr.
Martin
Bennewitz
und
nach
dem
Tod
von
Dr.
W.
Zersch
am
30.
Januar
1944,
Otto
Panzer und Johannes Kindermann.
Alleiniger Vertreter der G. m. b. H. wird nach dem Tod des letzten Zersch-Gesellschafters Dr. rer. pol. Erhardt Teschner.
Am
13.
Juli
1935
hatte
die
Mate-Industrie
GmbH
anlässlich
des
60-jährigen
Jubiläums
der
Gefolgschaft
des
Brauereipächter
Zersch folgende 10 Mitglieder:
Technischer Leiter:
E. Benzmann
Prokurist:
Dr. M. Bennewitz
Kontoristin:
M. Mrosek
Stenotypistin:
H. Weber
Arbeiter/innen:
G. u. A. Böttcher, E. Sachse
Lehrling:
K. Kutschbauch, G. Grünert
Handlungsgehilfe:
E. Kröber
Man firmierte damals:
„Mate-Industrie GmbH, Bad Köstritz“ - Fabrik von Mate-Extrakten und Essenzen, Mate-Importhaus
Während
des
2.
Weltkrieg
wurde
die
Produktion
eingestellt
und
nach
1945
auch
nicht
wieder
begonnen.
Es
wurden
verschiedenfarbige
Limonaden
produziert.
Die
DDR
gliederte
diese
Limonadenherstellung
an
die
Köstritzer
Brauerei
an,
auch
räumlich. Die Betriebsgebäude der „Bronte“ wurden in den 1950-er Jahren zu Wohnungen umgebaut.
In
Dietenhofen
(Landkreis
Ansbach,
Mittelfranken,
Bayern),
in
einem
ehemaligen
Lizenzbetrieb,
erfolgte
nach
dem
2.
Weltkrieg
die
Produktion
von
„Bronte“
und
insbesondere
der
„Club
Mate“
in
kleinem
Umfang.
Irgendwann
entschied
man
sich
bei
der
„Club-Mate“
Koffein
zuzusetzen,
um
die
Wirkung
zu
verstärken
(Koffein
20
mg
/
100
ml,
Zucker
5
g
/
100
ml
).
Der
Koffeingehalt
pro
Flasche
entspricht 1-2 Tassen Kaffee.
Aus
Altersgründen
verkaufte
der
Besitzer
aus
Dietenhofen
1994
den
Betrieb
und
die
Lizenz
für
„Club-
Mate“
an
die
Familien-Brauerei
Loscher
(Landkreis
Neustadt
an
der
Aisch
–
Bad
Windsheim,
Mittelfranken, Bayern).
Heute ist die Brauerei Loscher europaweit der einzige Hersteller des Erfrischungsgetränkes auf Basis von Mate-Tee.
Literatur:
Staatsarchiv Greiz, Reußisches Amtsgericht Gera, Nr. 5, Deutsche Matte-Industrie Köstritz, GmbH, Köstritz (1911 – 1922).
Staatsarchiv Greiz, Thür. Amtsgericht Gera, Nr. 1632, Mate-Industrie GmbH, Köstritz i. Thür. (1926 – 1948).
60 Jahre Zersch (1875-1835), Werdegang der Fürstlichen Brauerei Köstritz von 1872 – 1907 und Erinnerungen an den damaligen Pächter Ökonomierat Rudolf
Zersch, erzählt und gesammelt von Bürgermeister a.D. Karl Münster, Bad Köstritz.
Heimatblätter,
Nr.
2,
Juni
1997,
Seite
5,
Beilage
zum
Elstertalboten,
herausgegeben
vom
Heimat-
und
Ortsverein
Bad
Köstritz
e.V.,
„Als
Köstritz
noch
die
Stadt
der vier „B“ war“.
Vortrag von Achim Zubke, gehalten auf der Veranstaltung „Mate in Berlin“ am 30.6.17 in der brasilianischen Botschaft in Berlin